Restwert Auto: Der Streit um den Restwert
Der Restwert eines Autos ist nach einem Verkehrsunfall häufiger Streitpunkt zwischen dem Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers. Ein hoher Restwert mindert die Entschädigungshöhe des Versicherers. Aber was nützt ein hoher Restwert laut Gutachten, wenn man niemanden findet, der das beschädigte Auto zu diesem Preis kauft? Wer seine Rechte kennt, kann eventuell eine höhere Entschädigung durchsetzen.
Wiederbeschaffungswert und Restwert
Diese beiden Begriffe werden häufig verwechselt, haben aber völlig unterschiedliche Bedeutung. Der Wiederbeschaffungswert ist der Preis, zu dem man ein gleichartiges Fahrzeug ohne Beschädigung kaufen kann, oder anders ausgedrückt der Wert Ihres Fahrzeugs vor dem Unfall aus Sicht eines Käufers. Der Wiederbeschaffungswert ist viel höher als der Preis, zu dem Sie das Auto verkaufen könnten. Der Händler hat Kosten beim Verkauf und will auch noch etwas verdienen. Wiederbeschaffungswert und eventuell auch Händlereinkaufspreis sind in Wertgutachten, zum Beispiel von DAT Deutsche Automobil Treuhand, Eurotax Schwacke oder kostenfreien Wertermittlungen aus dem Internet, ausgewiesen. Die Gutachter schätzen die Preise anhand ihres Marktüberblicks der Gebrauchtfahrzeugwerte.
Die Angabe eines Wiederbeschaffungswertes ist nötig, weil der Versicherer anhand eines Vergleichs zwischen Reparaturkosten und Wiederbeschaffungswert entscheidet, ob ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt. Übersteigen die Kosten der Reparatur den Wiederbeschaffungswert, braucht der Versicherer nur den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert zu ersetzen. Von dieser Grundregel gibt es aber eine wichtige Ausnahme: Lassen Sie Ihr Auto tatsächlich reparieren und fahren das Auto später noch mindestens sechs Monate weiter, haben Sie Anspruch auf Reparaturkosten bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes.
Vom Wiederbeschaffungswert zu unterscheiden ist der Restwert. Das Auto wird nach dem Unfall von einem Sachverständigen besichtigt, und er entscheidet, welchen Wert das Fahrzeug unter Berücksichtigung des Schadens noch hat. Bei einem Totalschaden ist das zum Beispiel der Preis, den Ihnen ein Schrotthändler zahlt. Wie oben bereits erläutert, wird der vorhandene Restwert bei einer Abrechnung des Versicherers auf Totalschadenbasis vom Wiederbeschaffungswert abgezogen.
Die Versicherer berechnen einen hohen Restwert
An einem Beispiel wird die Rechnung deutlich: Vor dem Unfall hätten Sie 5.000 EUR ausgeben müssen, um ein gleichwertiges Auto zu kaufen. Der Sachverständige kalkuliert Reparaturkosten von 7.000 EUR. Hier liegt also in jedem Fall ein wirtschaftlicher Totalschaden vor, auch unter Berücksichtigung der 130-%-Regel. Im Sachverständigengutachten wird zudem das Auto mit einem Restwert von 800 EUR bewertet. Ihr Entschädigungsanspruch würde also 5.000 EUR Wiederbeschaffungswert abzüglich 800 EUR Restwert, also 4.200 EUR betragen.
Nun arbeiten die Versicherer aber mit spezialisierten Aufkäufern und sogenannten Restwertbörsen zusammen. Der Versicherer bietet Ihr beschädigtes Fahrzeug bei diesen Börsen an, und die Aufkäufer können auf da Fahrzeug bieten, ähnlich wie bei den Versteigerungsplattformen im Internet. In aller Regel erzielt der Versicherer dadurch einen höheren Restwert als für das Auto im Gutachten ausgewiesen wird, im Beispiel vielleicht 1.100 EUR.
Müssen Sie sich darauf einlassen, dass die Entschädigung nun um 1.100 EUR statt nur um 800 EUR Restwert gekürzt wird? Ja, hat der Bundesgerichtshof bereits 2009 entschieden, wenn der Restwertberechnung mindestens drei Angebote des regionalen Marktes zugrunde liegen. Nun ist diese Entscheidung in Zeiten des Internets und eines überregionalen Marktes teilweise überholt. Kein Versicherer kann Sie zwingen, zur Realisierung eines höheren Restwertes Ihr Auto von Hamburg an die tschechische Grenze zu fahren. Aber wenn ein Aufkäufer aus Tschechien Ihr Auto zu Hause abholt und dafür auf seriösem Weg zahlt, müssen Sie sich den höheren Restwert anrechnen lassen. Das ergibt sich aus Ihrer Schadenminderungspflicht. Und letztendlich ist es auch nicht zu Ihrem Nachteil, wenn der Aufkäufer Sie gut bezahlt.